Liebe Gemeinde,
da meiner Ansicht nach doch relativ viele Nachfragen bezüglich der korrekten Bedienung des Automatikgetriebes im F56 aufgetaucht sind, möchte ich an dieser Stelle ein kurzes How-To vorlegen, an dem Mann oder Frau sich bei Frage zunächst einmal orientieren kann. Ich erheben überhaupt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann bei Bedarf noch Ergänzungen vornehmen. Ich möchte einzig ein hinreichendes Grundverständnis vermitteln. Folglich sind technische Ungenauigkeit zuweilen erwünscht, um beim Laien keinen Knoten im Hirn zu verursachen
Los geht's!
Was ist das überhaupt ein Automatikgetriebe?
Zunächst möchte ich kurz und knapp erläutern, was das für eine technische Errungenschaft ist, die man da für den MINI für knapp 2k € erwerben kann. Es handelt sich um eine Variante der Kraftübertragung, bei der der in der jeweiligen Situation benötigte Gang (sprich die Über- / Untersetzung der Motordrehzahl auf die Antriebsachse) automatisch gewählt und eingelegt wird. Genau das ist der Hautunterschied zum klassischen Schaltgetriebe. Der gesamte Ablauf der Schaltprozedur, sprich Auskuppeln -> Gangwechsel -> Einkuppeln erfolgt innerhalb des Getriebes selbst und der Fahrer / die Fahrerin muss nichts weiter tun, als zu bremsen oder zu beschleunigen (ja, ich weiß, dass das Bremsen auch eine Art der Beschleunigung ist, aber wir wollen die Sache ja simpel halten :)). Deswegen existieren in Automatikfahrzeugen auch nur das Gas- und Bremspedal.
Die Steuerung für den gesamten Prozess übernimmt ein intelligentes Steuergerät, welches den inneren Ölkreislauf steuert. Das Getriebeöl ist hierbei der Lebenssaft, da es für die innere Schmierung und Kühlung sowie für die Betätigung von Kupplungen und Bremsbändern benötigt wird. Denkt man eine Sekunde über diesen Zusammenhang nach, wird klar, weshalb ältere Fahrzeuge, welche noch ein etwas dickflüssigeres Getriebeöl benötigen als neuere Modelle, immer etwas 'ruppig' schalten, wenn die Betriebsflüssigkeiten noch kalt sind. Das Öl ist einfach noch nicht dünnflüssig genug, um eine 'feine' Steuerung zuzulassen.
Besitzt der MINI in Verbindung mit Automatik ein Doppelkupplungsgetriebe?
Kurz und knapp: Nein! Es handelt sich um ein klassisches Wandlergetriebe. Allerdings Schaltet das verbaute Getriebe von Aisin meinem Empfinden nach wenn überhaupt nur unmerklich langsamer als ein Doppelkupplungsgetriebe, sodass Unterschiede hierbei wohl nur am Stammtisch eine Rollen spielen dürfte
Moment mal, was ist ein "Wandlergetriebe"?
Ohne jetzt zu sehr auf die technischen Details eines Automatikgetriebes einzugehen, halte ich es für sinnvoll, dies hier kurz anzusprechen, da durch den Wandler eine typische Eigenschaft entsteht: das sog. Kriechen oder Rollen bei nicht betätigter Bremse.
Warum ist das so? Wie oben angesprochen, besitzt ein Automatikfahrzeug keine Kupplung. Aber wie wird dann die Kraft vom Motor an das Getriebe weitergeleitet? Richtig, durch den Wandler! Dieser sitzt genau dort, wo bei einem Schaltwagen die Kupplung sitzt, sprich zwischen Motor und Getriebe.
Um die Kraftübertragung im Wandler zu verstehen, hilft es, sich den innere Aufbau eines Wandlers als gegenüberstehende Ventilatoren in einem geschlossenen Raum vorzustellen, durch deren Blätter Öl zirkuliert. Dadurch, dass der Motor einen dieser Ventilatoren - den Eingangsventilator - permanent antreibt (es gibt ja keine Kupplung, die man treten könnte, um den Motor vom Getriebe zu trennen), kommt es im Wandler selbst zu einer konstanten Ölzirkulation, sodass sich der zweite Ventilator - der Ausgangsventilator - immer drehen möchte. Letztere drückt quasi immer, also auch im Stand, etwas Energie in das Getriebe und somit auf die Antriebsräder, sodass das Fahrzeug bei eingelegtem Gang und laufendem Motor immer rollen / kriechen möchte. Deswegen muss man bei eingelegtem Gang beispielsweise and der Ampel stets die Bremse treten, um einen Feindkontakt mit dem Vordermann zu verhindern.
Um sich ein besseres Bild dieses Vorgangs zu machen, empfehle ich unter anderem https://youtu.be/z5G2zQ_3xTc
Wie bediene ich ein Automatikfahrzeug und ist das kompliziert?
Ich wage zu behaupten, dass der Umgang mit einem Automatikfahrzeug wesentlich einfacher ist als im Vergleich zu einem Schaltwagen. Ich meine, warum fahren so viel Amis Automatik Spaß beiseite.
Aufschließen, Reinsetzen, Fuß auf die Bremse und Starten. So, der MINI lebt schon mal. Möchte man nun vorwärts fahren, bewegt man den Wahlhebel bei betätigter Bremse von P wie Parken auf D oder S. Die erstgenannte Fahrstufen kann als Drive gelesen werden und ist so ausgelegt, dass eher komfortable und / oder spritsparend geschaltet wird. Bei letzterer impliziert die Bezeichnung ja schon 'Sport'. Hier werden die Gänge etwas später gewechselt. Man kann bei Bedarf in den manuellen Modus wechseln, in dem man durch Ziehen (= Hochschalten) oder Drücken (= Runterschalten) des Wahlhebels die Gangwahl beeinflussen kann. Dieser Modus wird durch ein M in Verbindung mit der Gangzahl im Display angezeigt. Er lässt sich wieder deaktivieren, indem man den Hebel nach rechts drückt und somit auf D bewegt.
Hat man als MINI-Käufer bei der Sportautomatik einen Hacken gesetzt, kann man die Gangwahl ebenfalls mithilfe der Schaltpaddels am Lenkrad übernehmen. Steht dabei der Wahlhebel auf D, versteht der MINI diese Einmischung als kurzzeitiges Intermezzo und wechselt wieder in den normalen Automatikbetrieb, so bald man (a) zum Stillstand gekommen ist oder (b) über längere Zeit eine konstante Geschwindigkeit beibehält. Betätigt man die Schaltpaddels wenn der Wahlhebel auf S steht, befindet man sich erneut im manuellen Modus.
Achja, möchte man losfahre, drückt man aufs Gas. Möchte man schneller fahren, drückt man stärker aufs Gas. Das Prinzip dürfte einleuchten Möchte man maximal beschleunigen, drückt man das Gaspedal über den Druckpunkt hinaus auf's Bodenblech. Dann schaltet das Getriebe in den bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit niedrigsten Gang. Das nennt sich dann Kick-Down
Wie fahre ich aber nun rückwärts? Nunja, zunächst einmal stellt man sicher, dass man stillsteht. Dann legt man bei betätigter Bremse die Fahrstufe R ein. Hierbei ist es unerheblich, ob man diesen Gang ausgehend von P, D, S oder N, welches übrigens für Leerlauf sprich Neutral steht, anwählt. Dies gilt im Übrigen für alle Fahrstufen (Gänge können kreuz und quer eingelegt werden). Ein Gangwechsel bei nicht stehendem Fahrzeug sollte tunlichst vermieden werden, da hierdurch erhebliche Schäden entstehen können. Dies folgt der gleichen Logik wie beim Schaltgetriebe.
Hat man R eingelegt und möchte etwa einparken, gilt erneut: losfahren = Gaspedal drücken; schneller fahren = Gaspedal stärker drücken. Möchte man allerdings ganz langsam rollen, nutzt man die oben angesprochene Kriechneigung und löst einfach nur die Bremse. Man wird dann feststellen, dass der MINI ganz langsam rückwärts rollt. Eine maximale Beschleunigung mit Kick-Down sollte aus nachvollziehbaren Gründen eher selten vorkommen
Ich fasse zusammen: Vorwärtsfahren -> Fahrstufe D oder S und beschleunigen. Rückwärtsfahren -> Fahrstufe R und beschleunigen. Simple as that
Nützliche Info's
Hier möchte ich nur stichpunktartig auf ein paar Aspekte eingehen.
- Launch Control: Wahlhebel auf S, Sportmodus aktivieren, ESP in DTC (?), linker Fuß auf die Bremse, rechter Fuß aufs Gas und Pedal über den Druckpunkt drücken.
- Fahrzeug kann auf P oder N gestartet werden. In den anderen Fahrstufen ist dies nicht möglich, da das dem Starten eines Schaltwagens mit eingelegtem Gang und geschlossener Kupplung entspricht.
- Motor kann auf jeder Fahrstufen abgestellt werden.
- Der Wagen wird nur in Fahrstufen P gegen mögliches Wegrollen durch eine eingebaute Parksperre ähnlich dem Felgenschloss bei Hollandrädern gesichert.
- Ausschließlich auf P und ausgeschalteter Zündung ist der Wahlhebel blockiert, sodass mögliche Diebe keinen anderen Gang bzw. nicht den Leerlauf einlegen können.
- Abschleppen ist prinzipiell auf Fahrstufe N möglich. Allerdings sollte dies nicht über all zu weite Strecken und auch nur mit gemäßigter Geschwindigkeit erfolgen. Der Grund ist, dass ohne laufenden Motor keine ausreichende Umwälzung des Getriebeöls gewährleistet ist und es damit zu heiß werden kann.
- Ein Fahrzeug mit Wandlergetriebe kann nicht durch Anschieben gestartet werden, da keine mechanische, sondern nur eine hydraulische Verbindung von Getriebe und Motor besteht. Hierbei verpufft die Energie, die beim Anschieben im Getriebe freigesetzt wird, quasi in der Ölfüllung des Wandlers.
Ich habe jetzt bestimmt die Hälfte von dem vergessen, was ich eigentlich schreiben wollte... Falls euch noch wichtige Details aufgefallen sind, die nicht genannt oder falsch erklärt worden sind, ergänze ich dies natürlich.
So long