Ganz so einfach ist das nicht. Erstmal gilt weiterhin das, was Dr1ver ja richtig angemerkt hat: sofern man nicht in einer Niederlassung bestellt hat, klagt man erstmal nur gegen den Händler, der ja wirtschaftlich selbstständig ist. Nicht gegen Mini.
Die Lage mit der höheren Gewalt ist auch nicht ganz so einfach. Natürlich wird Mini bzw. der Händler sich erst einmal auf höhere Gewalt berufen. Ob das vor Gericht so Bestand hat kann vorher keiner sagen. Im übrigen gibt es inzwischen auch in Europa so etwas wie eine Sammelklage (in Deutschland heißt das Musterfeststellungsklage). Wenn dort Aussicht auf Erfolg besteht, wird es wie bei der VAG Dieselgeschichte Anwaltskanzleien noch und nöcher geben, die aus dem Boden sprießen und für sich und ihre Klage Werbung machen. Und dann klage nicht ich gegen Mini sondern ich und meine 5.000 Freunde gegen Mini und da sieht das mit den Aussichten auf Erfolg schon wieder ganz anders aus. Soweit ich die Musterfeststellungsklage verstehe ist das auch bei vielen Klägern gegen viele Beklagten (Händlerstruktur) anwendbar
Und auch das Ding mit der höheren Gewalt ist etwas komplexer. Höhere Gewalt ist nicht einwandfrei definiert aber der BGH hat das schon vor inzwischen 70 Jahren mal so festgelegt:
Dafür ist Vorweg erstmal ganz wichtig zu verstehen, dass kein Mensch Mini bzw. BMW dazu gezwungen hat, nur einen Hersteller für Kabelbäume zu qualifizieren und den auch noch in der Ukraine zu haben. Die Lieferantenstruktur ist ja rein in Minis Verantwortung und damit eigentlich nicht "betriebsfremd". Bei den Computerchips war das noch was anderes. Da ist der globale Markt komplett zusammengebrochen. Der globale Markt für Kabelbäume ist aber nicht zusammengebrochen. Nur der für Kabelbäume aus der Ukraine. Die, die nach Kriegsbeginn bestellt haben sind da sowieso raus. Das Ereignis Ukrainekrieg war nach Beginn des Krieges nicht mehr unverhersehbar und taugt damit nicht mehr als Qualifizierung für höhere Gewalt. Ganz davon abgesehen, dass die Ukraine sich seit 2014 faktisch im Krieg befindet. Da steht die ganze "unvorhersehbar"-Argumentation auf etwas wackeligen Füßen.
Ich hatte beruflich (Internationaler Service von Kraftwerken) etwas mit dem Thema höhere Gewalt im Rahmen von Corona zu tun. Schlussendlich war dann die Aussage der Legals - für beide Seiten - Pech gehabt. Jeder musste die Corona-bedingten Mehrkosten (teurere Unterlieferanten, Personalkosten für Quarantäne, regelmäßige PCR-Tests usw usf) auf seiner Seite einfach selbst tragen. Wenn wir als Lieferant also das Personal 2 Wochen in Quarantäne schicken mussten, dann sind wir auf den Kosten für die Arbeitszeit, Hotel, Löse usw einfach sitzen geblieben.
Übertragen auf Mini könnte man Sagen: Wenn Mini jetzt Kabelbäume in Einzel-Handfertigung in Deutschland für 10.000€ das Stück fertigen lassen muss ist das prinzipiell erstmal Minis Problem, nicht das des Käufers.
Bei uns ging es da teilweise um Millionenbeträge pro Fall. Bei Mini ist ja der Schadenersatz grundsätzlich auf 5% des Kaufpreises gedeckelt, also 1.500 bis 2.000€ pro Kunde. In Summe geht es da natürlich auch um Millionen aber Millionen auf Tausende Einzelkunden ist halt nochmal was anderes als Millionen im Einzelfall. Daher ist der Ausgang der Verfahren komplett ungewiss. Und ich bin ja grundsätzlich auch auf deiner Seite: Man kann sich jetzt mit Mini um Schadenersatz streiten aber dadurch bekommt man nicht schneller ein Auto. Auch das Gerichtsverfahren wird sich über Jahre hinziehen und im schlimmsten Fall landet man am Ende bei Mini / BMW auf einer schwarzen Liste und die Verkaufen einem überhaupt kein Auto mehr. Als Endkunde sitzt man da insgesamt am kürzeren Hebel. Und es ist ja auch weiterhin die Situation, dass alle Hersteller Lieferprobleme (bei Wunschkonfigurationen) haben. Gerade Kia und Hyundai punkten aktuell immer wieder mit Lagerfahrzeugen aber die kann man sich halt nicht mehr konfigurieren. Daher stelle ich den Sinn der ganzen Meckerei und - eventuell - Klagerei auch in Frage.
Aber so klar wie du das darstellst ist die Lage halt auch nicht