Fahrdynamik Mini Cooper S F66 - JCW Paket

  • Ich habe den Cooper S jetzt seit knapp zwei Monaten und teile mal meine ersten Gedanken zum fahrdynamischen Potenzial; vllt. ja interessant für den einen oder anderen. Gleich vorab allerdings einschränkend zu sagen, dass ich ihn bisher nur auf Winterreifen (wenn auch hochwertige Michelin) gefahren bin. Da ich zwischen 2021 und 2023 auch einen F56 JCW gefahren bin, kann ich hier an der ein oder anderen Stelle Vergleiche ziehen. Ich fahre den Mini als Alltagsauto, habe aber auch noch einen M2 Comp.


    Erstmal zum Antriebsstrang:

    Hier bin ich eigentlich recht positiv überrascht, da Getriebe-Motorkombination gut funktioniert; auf jeden Fall eine gute Entscheidung von Mini hier auf einen Doppelkuppler zu wechseln. Im Vergleich zu dem 8 Gang Wandler aus meinen F56 gehen vor allem die Downshifts beim starken anbremsen vor Kurven deutlich zügiger und "aggressiver" von statten und er findet auch meistens die optimale Welle um sich im bestmöglichen Drehmomentbereich zu halten. Beim Hochschalten im Sportmodus könnten die Gänge etwas verschliffener sein, er dreht zwar schön aus macht aber beim Einlegen in die nächste Stufe einen künstlichen Ruck, der insgesamt eher unharmonisch wirkt. Manuelles Schalten ist per Schaltwippen möglich; hier komme ich allerdings auch zum ersten negativen Punkt: Die Schaltwippen selbst!! Klar sind aus Plastik, was jetzt erstmal keine Katastrophe ist und in dieser Klasse auch nicht anders zu erwarten. Was mich eher stört, dass man beim Betätigen der Wippe einfach NULL Feedback bekommt, wirklich nur ein minimaler Widerstand um einem zu signalisieren, der Gang ist drin. Ist fahrspaßtechnisch für mich ein klarer Dämpfer, da finde ich sogar die im F56 besser und die waren auch schon nur so semi geil....Das Design der Wippen ist Geschmacksache, ich finde sie auch optisch nicht besonders gelungen. Wenn wir schon bei negativen Sachen mit Bezug zum Schaltvorgang sind kann man als nächstes die fehlende Ganganzeige im Head Up Display nennen, es gibt nur einen winzigen Indikator im Zentraldisplay am rechten äußeren Rand....Warum ??? :cursing: Ich bin mir ziemlich sicher, dass der F56 eine Ganganzeige im HUD hatte; Ist nur Kleinvieh, aber bekanntermaßen macht Kleinvieh auch.....

    Das Aggregat selbst hat seine Schokoladenseite natürlich eher im unteren Drehzahlbereich, wobei hier jetzt auch nichts anders zu erwarten war. Ein Zweiliter Motor in einem Kleinwagen in der heutigen Zeit ist schon eher die Ausnahme, das sollte man schon würdigen. Untenrum hat er gut Punch und fühlt sich recht flott ein, eine gute Leistungsabgabe um auf der Landstraße flott unterwegs zu sein. Auf der Autobahn bis 200 auch noch "OK" (immer noch schneller als die meisten anderen ;) ) bis 200 zieht er zumindest gefühlt noch ganz ordentlich durch, danach wirds dann aber zäh. Ich hatte Topspeed lt. Tacho 234km/h. Sound ist zu 99,9% künstlich über die Lautsprecher. Auf der Landstraße noch ganz witzig, auf der Autobahn nach 5 Minuten nervig, da sehr stark dröhnend. Aber gut gemacht Mini; der künstliche Sound lässt sich komplett abschalten und danach kriegt man den Motor selbst beim starken durchbeschleunigen kaum mehr mit, ein Unterschied wie Tag und Nacht. Schade natürlich, dass er gar keinen natürlichen kernigen Sound übe die AGA mehr hat, da war der F56 ein Träumchen dagegen (war aber auch nicht ganz serienmäßig) . Nur am Rande, effizient ist er auch, 6l sind recht easy machbar, auch ohne mit 80 hinterm LKW herzuschleichen.


    Fahrwerk/Lenkung/Bremsen:

    Hier wird das, was ich erfahren und erfühlt habe deutlich schwerer in Worte zu fassen. Vorweggenommen ist hier sicherlich einschränkender Faktor, dass ich das Auto noch nicht auf Sommerreifen gefahren bin.


    Erstmal war ich verwirrt: Das JCW Paket beim Cooper S kommt mit "adaptivem Fahrwerk". Also ich hole ihn ab und lande erstmals in den Einstellungen des Sportmodus; Zu meiner Verwunderung stelle ich fest, dass es keine Einstellung für das Fahrwerk gibt, in meinem F56 konnte ich indes zwischen Komfort und Sport wählen. Nach Recherche finde ich heraus, dass beim F66 (und wohl auch schon beim F56 LCI) ein "frequenzselektives Fahrwerk" verbaut ist, was man bei Mini als adaptives Fahrwerk verkauft. Also soweit ich das verstanden habe, funktioniert es wohl so, dass es je nach Fahrsituation über ein bestimmtes Ventil die Drücke im Dämpfer verstellen kann und entsprechend die Härte anpasst. Ich bin kein Maschinenbauingenieur und kann mir nur vorstellen, dass das Ventil im Dämpfer auf die Parameter Kompression, Rebound und evtl. noch Fliehkräfte (ähnlich wie bei einem mechanischem Sperrdiff.) reagiert. Eine Ansteuerung der Dämpfer über tatsächliche Sensoren findet aber m.E. nicht statt. So richtig viel konnte ich zu der Technik aber nicht finden....


    Technik hin oder her, der springende Punkt ist ja welchen Grad an Fahrdynamik man mit der Fahrwerkskonstruktion erreichen kann, wobei hier neben dem Dämpfer auch noch einige andere Teile (Stabis, Spurbreite, Hinterachse (hier hat Mini mit der Multilenkerhinterachse ein Ass im Ärmel) eine wichtige Rolle spielen.


    Fortsetzung folgt.... :)

  • Da ich ja selber nen 2024 F56 JCW habe und auch den F66 Cooper S allerdings leider ohne JCW Trim Probe gefahren bin finde ich dein Vergleich hier sehr interessant und bin schon auf deine Fortsetzung gespannt.

    2015er F56 Cooper S in Volcanic Orange
    2024er F56 JCW in Rebel Green

  • ....Fortsetzung


    Zur Technik der frequenzselektiven Dämpfung habe ich ergänzend noch folgende Informationen gefunden (allerdings sind die Infos nur teilweise Mini spezifisch):


    Quelle - Auto-Motor-und-Sport:

    Die Abstimmungsarbeit dagegen ist aufwendiger, weil man nicht mal eben den Laptop anschließen kann, um ein paar Kennlinien zu ändern. Will man den frequenzabhängigen Zweirohr-Gasdruckstoßdämpfer tunen, muss man an die Hardware in Form von Zug- und Druckstufenventilen, die die Öldurchflussmenge beim Ein- und Ausfedern regulieren, so eine bestimmte Dampfkraft aufbauen. Wobei gilt: Je schneller die Anregung (Highspeed), desto weniger stark wirkt der Dämpfer diesen Bewegungen entgegen, um sie bestmöglich zu filtern. Sind die Anregungen langsamer (zum Beispiel Lenkimpulse oder lange Bodenwellen), ist die Dämpfkraft für eine bessere Aufbaukontrolle höher. "Zusätzlich haben wir hier eine Art zusätzlichen Bypass im Arbeitsrohr. Wird durch den Kolben zu einer bestimmten Zeit zu viel Druck aufgebaut, öffnet sich ein Ventilsystem, sodass ein Teil des Öls entweichen kann. So erhöhen wir Fahrstabilität und Komfort."


    Quelle - Mini Deutschland:

    Welche Vorteile bietet die frequenzselektive Dämpfung in meinem MINI?

    Je nach Modellvariante ist für Ihren MINI ein adaptives Fahrwerk mit frequenzselektiven Dämpfung erhältlich. Mit dieser innovativen Dämpfertechnologie reagiert das Fahrwerk dynamisch auf den im MINI Driving Mode gewählten Fahrmodus. Die dynamische Fahrwerksauslegung erlaubt im Vergleich zur Serie ein komfortableres Fahren in MID und GREEN Mode sowie ein noch sportlicheres Erlebnis im SPORT Mode. Die Anpassung der Dämpferkraft erfolgt innerhalb von 50 bis 100 Millisekunden. Je nach Fahrsituation und Fahrbahnbeschaffenheit können die Dämpferkräfte um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Dadurch lassen sich der Fahrkomfort und die Souveränität Ihres MINI beim Ausgleich leichter Fahrbahnunebenheiten deutlich steigern, während beispielsweise beim Einlenken die sportliche Charakteristik der Dämpfung gewahrt bleibt.

    Nun aber genug der Theorie (zumindest fast)// Beim ambitionierten sportlichen Fahren auf Landstraße und Autobahn hatte ich schon solche und solche Momente, einerseits wo ich gedacht hatte, "Wow, der liegt ja echt Klasse" und andererseits " Was verlässt ihn den jetzt gerade"...


    Aber mal auf Anfang: Das Fahrwerk hat eine straffe Grundabstimmung, die Lenkung ist sportlich direkt übersetzt aber nicht übersensibel, das gefällt mir gut. Über das kleine, griffige, wenn auch BMW typisch etwas zu dick geratene Lenkrad kommt ein gutes Gefühl auf, auch das Rückstellmoment der Lenkung fühlt sich nachvollziehbar an, es ist nicht so gummibandartig wie viele andere Lenkungen. Klar gibt es bei Porsche o.a. mitteilsamere EPS Lenkungen, aber das Lenkgefühl ist insgesamt gut, auf ähnlichem Niveau wie beim M2 und in jedem Fall besser als beim F56. Auf der Autobahn war ich vom Handling positiv überrascht, insbesondere in den typischen Autobahnkurven liegt er bei hohen Geschwindigkeiten sehr satt auf der Straße, man bekommt das Gefühl, dass man in einem wesentlich größeren Auto sitzen würde. Auch der Geradeauslauf ist für den kurzen Radstand erstaunlich gut. Auf der Landstraße macht er vom Handling grundsätzlich auch Spaß, wobei das Vergnügen hier etwas abnimmt je enger die Kurve wird, dazu aber unten mehr. Erstmal wirklich auch lobenswert, dass die Lenkbefehle sehr direkt umgesetzt werden, gerade in Kurven mit größeren Radien merkt man sehr schön wie das Fahrwerk immer den Kontakt zur Straße sucht und der Vorderwagen schön steif den Lenkeingaben folgt sowohl am Kurveneingang, in der Kurvenmitte als auch am Ausgang; Durch den kurzen Radstand kann der Hinterwagen folgen, das fühlt sich alles vertrauenswürdig an. Man kann am Kurvenausgang wieder recht aggressiv ans Gas gehen, ohne mit starkem Torque Steering kämpfen zu müssen, hier empfiehlt es sich vorallem mit DSC OFF (zum Glück vollständig abschaltbar) zu fahren. Beim rausbeschleunigen aus engen Kurven merkt man dann doch auch ab und an das fehlende Sperrdifferential, wobei die Elektronik hier schon ganz gut regelt, man versucht ja zumindest die Wirkung eines LSD über die Elektrik zu simulieren. Bremst man Kurven sehr hart an bekommt er minitypisch ein leicht unruhiges Heck, was sich i.d.R. recht leicht wieder einfangen lässt, solange die Vorderräder gerade stehen und es trocken ist. Ich hatte in der Kurvenmitte einer recht engen Autobahnkurve bei 190 auf feuchter Fahrbahn stark Bremsen müssen, da ist er hinten mehr als nur leicht ausgebrochen. Was er nicht so mag sind schnelle Lastwechsel, man merkt richtig, wie er einen mit gutem Fahrverhalten quasi belohnt, wenn man die Kurve in einer gleichmäßigen nicht zu plötzlichen Lenkbewegung durchfährt. Manchmal gibt es aber auch enge Kurven oder die typischen Abzweigungen, wenn man von eine Straße A auf Straße B wechselt und man zwangsweise einen recht abrupten Lenkimpuls hat. Für die direkt übersetzte Lenkung wieder kein Problem, aber im initialen Einlenkmoment schafft er es teilweise (je nach Fahrbahnbeschaffenheit, Neigung, Wetter etc.) nicht die Vorderachse so zu versteifen und zu positionieren, dass man noch mehr Lenkimpuls geben möchte bzw. am Scheitelpunkt direkt wieder voll durchbeschleunigen kann, fühlt sich dann eher etwas schwammig untersteuernd an. Ich weiß aktuell nicht woran es liegt, aber es geht in jedem Fall eher vom Vorderwagen aus; könnten natürlich die Dämpfer sein, die nicht schnell genug regeln, ich könnte mir aber auch denken, dass der Stabi zu weich ist oder es an der Art und Weise liegt wie die Räder im Radhaus stehen. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass man es komplett den Winterreifen zuschreiben kann, weil ich nicht das Gefühl habe, dass er über die Auflägefläche rutscht, sondern die Vorderachse zu unscharf ist.Ich werde in jedem Fall nochmal ein Update geben, sobald ich mit Sommerreifen gefahren bin. Die JCW Bremse ist ja auch ein kontroverser Punkt; einerseits ja nice, dass man beim Cooper S mittlerweile dieselbe Bremse wie beim JCW bekommt (zumindest sind mir außer der Farbe des Bremssattels keine weiteren Unterschiede bekannt), andererseits steht die Bremse auf dem Papier ggü. der JCW Bremse des F56 natürlich erstmal deutlich schlechter dar....viele Infos zur Bremse findet man bei Mini direkt ja nicht; aber es handelt sich wohl an der VA um eine ganz ordentliche 330er Bremsscheibe in Kombination mit einem Einkolben Schwimmsattel...der F 56 JCW hatte vier Kolben zu bieten!! Ich muss aber sagen, dass ich zumindest bisher doch positiv überrascht bin von der Bremsanlage, sie ist recht bissig und bietet einen schönen Druckpunkt im Pedal und der ABS Block ist auch recht harmonsich abgestimmt. Fading konnte ich bisher weder nach mehreren starken aufeinanderfolgenden Bremsmanövern auf der Autobahn noch auf meiner Strecke durch den Wald feststellen, was mich ehrlich gesagt ziemlich verwundert.

    Ist sie besser wie die F56 JCW --> ich würde sagen nein, die F56 Bremse hat doch noch besser "geankert", bei der F66 Bremse ist der Pedalweg und die Bremskraft ab einem Punkt x aufgebraucht und man erreicht diesen Punkt bei starken Bremsmanövern, der F56 hatte hier einfach nochmal diese Extrareserve Bremskraft mehr.

    ..ich will hier den Tag aber nicht vor dem Abend loben und werde zum Thema Bremse nochmal berichten, wenn ich mal länger gefahren bin.

    Teil 3 folgt...vorallem nochmal Handlingvergleich zum F56 JCW